Kultiviertes Fleisch

verständlich erklärt

Kultiviertes Fleisch - was ist das eigentlich? 

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KULTIVIERTES FLEISCH

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Kultiviertes Fleisch stellt eine Alternative zur herkömmlichen Fleischproduktion dar. Das Verfahren zur Herstellung von kultiviertem Fleisch wird als Gewebezucht (Englisch: “Tissue Engineering”) bezeichnet.  Dabei werden wenige Zellen von einem Tier, zum Beispiel von einer Kuh, durch eine Gewebeprobe (Biopsie) entnommen. Diese Zellen werden dann außerhalb des Tiers (in vitro) in einem Behälter, einem sogenannten Bioreaktor, mit speziellen Nährstoffen vermehrt und vor allem zu Skelettmuskel- und Fettgewebe herangezüchtet (kultiviert) - die Hauptkomponenten von dem, was wir Fleisch nennen. Unter der Voraussetzung, dass die eingesetzte Nährstoffe keine tierischen Produkte enthalten, müssen für kultiviertes Fleisch keine Tiere geschlachtet werden. Eine Studie zeigt außerdem, dass, wenn erneuerbare Energien im Herstellungsprozess verwendet werden, im Vergleich zur herkömmlichen Fleischproduktion bis zu 92 % der Treibhausgasemissionen und bis zu 90 % des benötigten Landes eingespart werden können. 

Zellen

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Zellen sind die kleinsten Bausteine eines Lebewesens, also auch von Menschen und Tier. Somit besteht auch das Fleisch, das wir essen, aus Zellen. Fleisch besteht aus verschiedenen Zelltypen, hauptsächlich aus Muskel- und Fettzellen. Das Ziel der Herstellung von kultiviertem Fleisch ist es mit nur wenigen Zellen (die durch eine Biopsie von einem Tier entnommen werden) außerhalb des tierischen Organismus eine große Menge an Muskel- und Fettzellen zu produzieren. Diese Zellen werden dann genutzt, um letztendlich eine Fleischmasse zu formen.

 

Stammzellen

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Ein intuitiver Gedanke wäre es einem Tier Muskel- und Fettzellen zu entnehmen und diese durch Zellteilung (d.h. aus einer Zelle werden zwei neue) zu vermehren. Muskel- und Fettzellen haben jedoch nicht die Fähigkeit dazu, sich durch Zellteilung zu vermehren. Daher werden Tieren zur Herstellung von kultiviertem Fleisch sogenannte Stammzellen entnommen. Stammzellen sind unspezialisierte oder „undifferenzierte“ Zellen, die sich noch durch Zellteilung vermehren können. Im Gegensatz zu zum Beispiel Muskel-, Fett-, Blut- oder Nervenzellen haben sie noch keine spezielle Funktion im Körper eingenommen und ein entsprechendes Aussehen entwickelt. Erhalten Stammzellen bestimmte Signale, können sie sich in die verschiedenen Zelltypen des Körpers entwickeln. Für die Produktion von kultiviertem Fleisch vermehrt man durch dieses Prinzip in einem ersten Schritt entnommene Stammzellen durch Zellteilung (Zellproliferation) und fördert in einem zweiten Schritt die Spezialisierung in Muskel- und Fettzellen (Zelldifferenzierung). 

Biopsie

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Eine Biopsie bezeichnet die Entnahme einer Gewebeprobe von einem Mensch oder einem Tier und ist ein Standardverfahren in der Human- und Tiermedizin. Im medizinischen Kontext wird üblicherweise entnommenes Gewebe im Labor auf Krankheiten untersucht.  Im Gegensatz dazu wird das Verfahren beim kultivierten Fleisch für die Gewinnung von wenigen Zellen genutzt, die später in vitro (außerhalb des Tieres, z.B. in einem Bioreaktor) vermehrt und zu Fleisch herangezüchtet werden (Tissue Engineering). Für die Gewinnung von Zellen muss das Tier also nicht geschlachtet werden. Das Ziel der Biopsie für die Herstellung von kultiviertem Fleisch ist es, so viele geeignete Zellen wie möglich pro Tier zu gewinnen und gleichzeitig den Stress für das Tier zu minimieren. Dafür untersuchen Wissenschaftler z.B. unterschiedliche Formen der Biopsie, geeignete Körperstellen zur Gewebeentnahme und die Anzahl an Biopsien, die an einem Tier in einer bestimmten Zeit vorgenommen werden sollten.

Gewebezüchtung (Engl.: Tissue Engineering) 

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Gewebezüchtung, auch als Tissue Engineering bekannt, ist eine Fachrichtung, die verschiedene Wissenschaftsbereiche wie Ingenieurwissenschaften, Materialwissenschaften, Medizin und Biotechnologie miteinander verbindet. Das Hauptziel ist es, Gewebestrukturen zu erstellen oder in der Medizin beschädigtes oder krankes Gewebe zu ersetzen. Dabei werden Zellen und Trägermaterialien, sogenannte Scaffolds, zusammen mit Wachstumsfaktoren, also bestimmten biochemischen Stoffen, verwendet. In der medizinischen Anwendung sollen diese künstlich geschaffenen Gewebestrukturen dazu dienen, geschädigtes Gewebe im menschlichen Körper zu ersetzen. 
Forscher haben sich diese Technologie nun zu Nutze gemacht, um Fleisch basierend auf tierischen Zellen als Nahrungsmittel zu züchten bzw. zu kultivieren. 

Lebenszyklusanalyse (Engl.: Life Cycle Assessment, LCA)

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Eine Lebenszyklusanalyse (auch Umwelt- oder Ökobilanz genannt) beschreibt die Bewertung der Umweltauswirkungen eines Produkts oder einer Dienstleistung während seines gesamten Lebenszyklus. Das beinhaltet zum Beispiel die Überprüfung der Herkunft der Rohstoffe, den Herstellungsprozess, die Lieferung und sogar die Entsorgung des Produkts. Das Ziel einer solchen Analyse besteht darin, Optionen zu entwickeln, um die Effizienz der Ressourcennutzung zu verbessern und gleichzeitig die Umweltauswirkungen zu reduzieren. 

Nährmedium

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Ein Nährmedium spielt eine zentrale Rolle in der Zellkultur, insbesondere in der Biotechnologie und der medizinischen Forschung, also auch bei der Herstellung von kultiviertem Fleisch. Dieses Medium bietet Zellen, die außerhalb ihres natürlichen Organismus (in vitro) vermehrt werden, die erforderlichen Nährstoffe, die sie normalerweise in ihrem Ursprungsorganismus erhalten würden. Diese Nährstoffe sind essentiell für das Überleben, Wachstum, die Vermehrung und die Differenzierung der Zellen. 

 Die Zusammensetzung eines Nährmediums kann sehr komplex sein und wird speziell für jeden Zelltyp angepasst. Die Bedürfnisse der Zellen können sich je nach ihrem Entwicklungsstadium ändern, was bedeutet, dass das Nährmedium entsprechend angepasst werden muss. Bestimmte Bestandteile des Mediums können als Signalmoleküle dienen, die wichtige Entwicklungsprozesse in den Zellen auslösen. 

Ein wichtiges Ziel in der Forschung ist es, die Rezeptur von Nährmedien zu optimieren, um Zellen kostengünstig und im großen Maßstab vermehren zu können. Dies beinhaltet auch die Suche nach Alternativen zu tierischen Produkten in den Medien. Viele derzeitige Nährmedien enthalten nämlich 5 - 20% fetales Kälberserum, welches aus Föten geschlachteter Rinder gewonnen wird. Dieses Serum zeigt gute Ergebnisse für das Züchten bestimmter Zelltypen, aber seine Verwendung wirft ethische Fragen auf und treibt die Kosten der Nährmedien in die Höhe. Daher wird intensiv nach pflanzlichen oder synthetischen Alternativen geforscht, um die Abhängigkeit von tierischen Produkten zu reduzieren. 

Fetales Kälberserum

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Fetales Kälberserum (engl.: Fetal Calf Serum, FCS) ist ein Produkt, das aus dem Blut toter Rinderfeten extrahiert wird. Es findet häufig Anwendung in der Zusammensetzung von Nährmedien für Zellkulturen, wobei es, abhängig von den spezifischen Bedürfnissen der Zellen, in Konzentrationen von 5 - 20% zugesetzt wird. Der Grund für seine Verwendung liegt in den reichhaltigen Nährstoffen, die FCS bietet, die für das optimale Wachstum und die Differenzierung der Zellen sorgen. Jedoch wird für die Gewinnung von FCS sowohl der Rinderfötus als auch die trächtige Mutterkuh getötet, was ethische Bedenken aufwirft. Aus diesem Grund wird intensiv nach nicht-tierischen Alternativen gesucht. Diese Herausforderung ist jedoch komplex, da viele der geschätzten 1000 Inhaltsstoffe des FCS bisher unidentifiziert sind und ihre Konzentrationen je nach Fötus variieren können. Trotz dieser Schwierigkeiten gibt es ermutigende Fortschritte. Ein Beispiel dafür ist das Forscherteam von "Mosa Meat", dem es gelungen ist, bei der Produktion ihres kultivierten Fleisches auf FCS und andere tierische Produkte zu verzichten.

Gerüststrukturen (Engl.: Scaffolds)

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Um die Textur und Struktur konventioneller Fleischprodukte, wie beispielsweise eines dicken Rindersteaks, zu imitieren, ist die Entwicklung komplexerer Strukturen erforderlich, die über einfache Produkte wie Hackfleisch oder Würstchen hinausgehen. 

In der Produktion von kultiviertem Fleisch werden "Gerüste" (Scaffolds) verwendet, die eine dreidimensionale Struktur bereitstellen, auf der Zellen wachsen und sich zu Gewebe organisieren können. Diese Gerüste imitieren die Zellumgebung und Bedingungen im lebenden Organismus und unterstützen das Anhaften der Zellen, ihr Wachstum sowie die Bildung von ausgereiften Muskel- oder anderen Gewebetypen. 

Die Nachahmung der Zellumgebung im echten Organismus ist allerdings sehr komplex und wird daher aktuell intensiv beforscht. Die Architektur und Materialeigenschaften der Gerüststrukturen spielen eine entscheidende Rolle, wobei vielfältige Arten von Gerüstmaterialien aus unterschiedlichen Werkstoffen existieren. Wahrscheinlich werden zukünftig Gerüste bevorzugt, die entweder essbar sind oder sich biologisch abbauen lassen, welche einen sicheren Konsum erlauben.